Tokenisierung: Die Immobilie kommt auf die Blockchain
Während die Tokenisierung der Wirtschaft heiss diskutiert wird, hat ein Frauenfelder Immobilien-Fintech Nägel mit Köpfen gemacht: Immobilien-Investments werden digital.
Es ist wohl eine Weltpremiere. Der Crowdlitoken, so heisst die digitale Münze des gleichnamigen Unternehmens, hat vor wenigen Wochen von der SIX eine ISIN-Nummer zugeteilt erhalten. Es ist der erste sogenannte Security-Token, der vollständig reguliert und für Investoren – private ebenso wie institutionelle – handelbar wird.
Security-Token sind nach der Definition von Regulatoren und Finanzmarktaufsehern digitale Werteinheiten, denen eine reale Anlage unterliegt. Also eine Fiat-Währung oder eine Aktie.
Ein internationaler Wettlauf
Im Falle des Crowdlitoken sind es Immobilien, und die Macher dahinter sind drauf und dran, einen Wettlauf um das erste gross angelegte Blochchain-Projekt für die Tokenisierung von realen Wertanlagen zu gewinnen.
Einen internationalen Wettlauf, notabene. Zwar gibt es in den USA seit vergangenem Jahr bereits vereinzelte Immobilien-Token, doch der Crowdlitoken könnte als der erste in die Geschichte eingehen, der zur Welt der Immobilien-Investments ein neues und grosses Tor geöffnet hat.
Immer noch am Anfang der Digitalisierung
Crowdlitoken-CEO Domenic Kurt spricht gegenüber finews.ch von «gewissen revolutionären Elementen», welche dieses digitale Asset vereine. Doch eigentlich sei der Crowdlitoken «eine Evolution im Bereich der Finanzprodukte-Welt, die noch immer am Anfang der Digitalisierung steht.»
Das Startup ist ein Spin-off der im Jahr 2016 gegründeten Frauenfelder Immobilien-Plattform Crowdli, über die Miteigentumsanteile an Renditeliegenschaften vermittelt und gekauft werden können.
Einstiegspreis: 100 Franken
Die Gründer um Felix Helling, Roger Bigger, Paul Odermatt und Reto Fierz sowie CEO Kurt entwickelten die Idee rasch weiter: Immobilien-Investments via Blockchain, Anteilseigner werden mittels Token, Ineffizienzen und Hürden in diesem Geschäft beseitigen.
Das Konzept, das sie nun verwirklicht haben, ist ein Token, der regulatorisch wie eine Anleihe funktioniert und eine jährliche Rendite von erwarteten 5 bis 7 Prozent abwirft, gleichzeitig aber dank der tiefen Eintrittshürde von 100 Franken Anlegern nun Direktinvestments in Immobilien erlaubt.
Vertriebsbewilligung noch ausstehend
Aus regulatorischen Gründen gingen die Macher mit dem Crowdlitoken nach Liechtenstein, wo die Finanzmarktaufsicht demnächst eine Vertriebsbewilligung erteilen sollte. «Liechtenstein ist im Bereich der Blockchain-Gesetzgebung sehr weit fortgeschritten», sagt Kurt. Die EWR-Mitgliedschaft erleichtere zudem den Zugang zum europäischen Markt. «Da wir ein globales Produkt aufbauen, ist das von uns von höchster Wichtigkeit.»
Derzeit läuft eine erste Phase eines Security Token Offering (STO) an handverlesene Investoren. Die zweite, öffentliche Phase startet, sobald die Vertriebsbewilligung vorliegt. Angestrebt werden Einnahmen von 100 Millionen Franken, die anschliessend in den Aufbau des Immobilienportfolios fliessen sollen.
Ex-Rechtschef der SNB an Bord
Auf das in der Kryptobranche übliche PR-Getöse haben Kurt und seine Partner bewusst verzichtet. Die Prioritäten lägen darin, ein gutes Produkt zu bauen und die Prozesse reibungslos zu gestalten, sagt Kurt. «Die Produktplatzierung wird allerdings nicht ohne PR über die Bühne gehen.»
Beraten wird das Team von den Zürcher Blockchain- und Krypto-Spezialisten Vision&, für die legale Struktur des Tokens war Hans Kuhn verantwortlich, der frühere Rechtschef der Schweizerischen Nationalbank (SNB).
Demokratisierung der Finanzwelt
Die Tokenisierung von realen Anlagen gilt als einer der Blockchain-Mechanismen, in welchem tatsächlich ein grösseres Disruptions-Potenzial schlummern könnte. Sie öffnet Startups das Tor zu neuen Kapitalquellen und schafft im Prinzip für jedermann die Möglichkeit, für Direktinvestitionen in Werte, Anlagen und Unternehmen.
Ideologen sprechen gerne von einer echten Demokratisierung der Finanzwelt, welche die Tokenisierung anstösst. Propheten sehen in der Tokenisierung ein völlig neues Geld- und Transaktionssystem in einer vollkommen digitalisierten Ökonomie entstehen.
Immobilien gelten dabei als besonders geeignet – und der Crowdlitoken ist auch nicht das erste solche Projekt. So plante auch das hochkarätig besetzte Schweizer Startup Crypto Real Estate einen Immobilien-Coin. Doch erhielt der geplante Swiss Real Coin von der Finma keine Bewilligung.
Quelle: finews.ch 26. 02. 2019